interzum award 2023: „Gestalterische und technologische Innovation“

Herr Oražem, wie würden Sie die Bedeutung des interzum award für die Zulieferindustrie im Bereich Möbel und Innenausbau beschreiben?

Beim interzum award heben wir Produkte hervor, indem wir das Zusammenspiel zwischen der gestalterischen und technologischen Innovation auszeichnen. Für die Unternehmen ist es daher sehr wichtig, ein Feedback zu ihren Neuheiten zu erhalten. Im Einzelnen prüft die Jury für die Möbelbranche so wichtige Detaillösungen wie die Materialwahl, die Funktionalität und Bedienbarkeit, aber auch die Haptik und Optik. Wir haben beobachtet, dass überall da, wo wir mit volumigen Materialien oder Materialkombinationen wie Platten oder Polsterungen zu tun haben, Unternehmen an der Recyclingfähigkeit arbeiten. Das sind nicht sichtbare Aspekte von Produkten, die es zu kommunizieren lohnt.

Haben Sie bei den diesjährigen Einreichungen eine Veränderung gegenüber der Vor-Pandemie-Zeit beobachtet?

Die Art der Präsentation hat sich verändert. Aufgrund der Pandemie hat die Kommunikation über digitale Medien enorm an Bedeutung gewonnen. Das digitale Begleitmaterial zu den eingereichten Produkten wird immer professioneller, nicht nur, weil die Technik immer besser wird, sondern weil die Unternehmen einen neuen Blick darauf haben. Bei der Jurysitzung bestehen wir aber auf eine Präsenz der Juroren, da ein lebendiger Diskurs zu den Einreichungen ohne Gespräche vor Ort kaum möglich ist. Es geht bei den Produkten nicht um eine reine Quantifizierbarkeit, sondern um gestalterische, technologische und haptische Qualitäten.

Wie bewerten Sie diese vielfältigen Qualitäten und sehr unterschiedlichen Produktkategorien bei der Auswahl der prämierten Neuheiten?

Aufgrund der großen Bandbreite der Einreichungen besteht die Jury aus verschiedenen Experten. Es gibt etwa einen Fachmann für die Branche der Matratzenherstellung, aber auch eine Designerin, die Betten gestaltet sowie einen Materialexperten, die alle eine eigene Perspektive zur Bewertung der eingereichten Produkte einbringen. Während sich die Designerin mit gestalterischen Fragen beschäftigt, prüfen die anderen beiden Experten Aspekte wie die Materialeigenschaften oder die Möglichkeit des Recyclings und Upcyclings.

Sie sprechen das Thema nachhaltiger Gestaltung an. Mit der neuen Kategorie „Neo-Ökologie“ legt der diesjährige interzum Award einen besonderen Fokus auf diesen Aspekt. Wo sehen Sie hier die spannendsten Entwicklungen?

Es wird mittlerweile durch neue Normen politischer Druck ausgeübt, um den gesellschaftlichen nicht ganz zu vergessen. Diese neue Realität schränkt den Einsatz der – nennen wir es „tradierten“ – Materialien und Stoffe ein, eröffnet aber zugleich auch die Bereitschaft, Neues als Alternative zu akzeptieren. Es stellt sich daher vermehrt die Frage, wie und wo spezifische Materialien durch andere, nachhaltigere ersetzt werden können. Das gilt auch für die Materialentwicklung selbst: Wenn heute eine neue Oberfläche entwickelt wird, dann spielen neben Aspekten wie Kratzfestigkeit oder der Vermeidung von Fingerabdrücken auch Fragen des Produktlebenszyklus' eine Rolle.

Welche Schwerpunkte haben Sie beim Thema Nachhaltigkeit noch beobachtet?

Es geht heute nicht nur um reine Produkteigenschaften, sondern auch um die Frage, wie mithilfe der Technologie und des Designs eine Reduktion der eingesetzten Ressourcen gelingen kann. Diese Reduktion muss dabei in Einklang mit der jeweiligen Funktion gebracht werden. Die aktuelle Verschlankung vieler Produkte geht mit einer Einfachheit im Design einher, die ich sehr interessant finde. Unter den diesjährigen Einreichungen befindet sich beispielsweise ein Tisch, der durch seine Verstellbarkeit und sein reduziertes Design multifunktional als Arbeits-, Ess- oder Schreibtisch einsetzbar ist.

Ist Multifunktionalität generell ein Thema für neue Produktentwicklungen, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Verschmelzung von Lebenswelten?

Design reagiert auf die individuellen Lebensentwürfe von Menschen. Für die zunehmende Verbindung von Wohnen und Arbeiten werden Räume daher multifunktionaler. So wie das Badezimmer heute keine funktionale Nasszelle mehr ist, sondern wohnliche Aspekte beinhaltet, wird auch die Arbeit im Homeoffice in den Wohnraum integriert werden. Wir können daher mit neuen Designtypologien für die Einrichtung rechnen. Hier stellt sich dann die Frage, wie Formen, Materialien und Oberflächen künftig beschaffen sind, die den verschiedenen Funktionen gerecht werden, um auf diese neue Realität zu reagieren und die Lebensqualität zu steigern.

Die mit dem interzum award „Best of the Best“ ausgezeichneten Produkte werden auf der interzum 2023 vom 9. Mai bis 12. Mai 2023 ausgestellt. Weitere Informationen zum Award finden Sie auf der interzum-Website.